Tango Philosophie

titel tango philosophieDu und ich im Hier und Jetzt

Geübten Tänzern des Tango Argentino dabei zuzuschauen, wie sie sich selbst auf voller Tanzfläche in inniger Umarmung und in völliger Übereinstimmung miteinander gehend („Caminar“), drehend („Giro“) oder auch die Pause zwischen zwei Schritten zelebrierend, gemeinsam zu Tangomusik bewegen, ist wohl auch deshalb ein solcher Hochgenuss, weil es als Urbild einer gelingenden, lebendig-harmonischen Beziehung taugt.Und damit rührt der Tango an eine der tiefsten Sehnsüchte des Menschen: in Beziehung sein, sich dabei lebendig fühlen und persönlich gemeint zu sein.

Das Tango tanzende Paar zielt dabei nicht auf Außenwirkung, es ist sich selbst genug. Nur so lässt sich die Innigkeit im Paar erreichen, die für den Tango Argentino so kennzeichnend ist. Es wird einem von außen kaum gelingen, Blickkontakt zu jemandem herzustellen, der sich auf solche Art „für drei Minuten mit der Wirklichkeit“ auf seinen Tanzpartner einlässt und in die Musik eintaucht.
Das bedeutet allerdings nicht, dass das Tanzpaar völlig weltvergessen seine Runden drehen kann. Schließlich befindet es sich nicht alleine auf der „Pista“ und sollte insofern auch den anderen Tanzpaaren größtmögliche Achtsamkeit entgegenbringen, um den Tanzfluss im Gesamten zu ermöglichen und Unfälle zu vermeiden. (siehe hierzu auch unter „Tango Wissen“)

Achtsames Führen und Folgen

Solche Harmonie lässt sich nur erreichen, wenn die Aufgaben klar verteilt sind. Traditionell übernimmt der Mann im Tango Argentino die Rolle des Führenden, während der Frau die Rolle zukommt, sich dieser Führung anzuvertrauen und hinzugeben. Das klingt zunächst einfacher und festgelegter, als es in Wirklichkeit ist. 10 va paar10(Und natürlich können auch zwei Frauen oder zwei Männer oder Menschen welchen Geschlechtes auch immer miteinander tanzen und dabei sogar die Rollen wechseln, wenn sie das wollen und vermögen.)

Führen bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, zu wissen was man will und dieses (natürlich non-verbal) so klar und achtsam mitzuteilen, dass es aufgenommen werden kann. Aber auch sensibel wahrzunehmen und die Führungsimpulse der Situation, der Partnerin sowie der Musik angemessen zu gestalten.
Es geht eben nicht um Manipulation, sondern um Kommunikation, nicht um Ausüben eines Zwanges, dem man folgen muss, sondern um ein aufmerksames und einfühlsames, einladendes Führen, dem zu folgen höchsten Genuss bedeutet.

Im Tango Argentino gibt es weder festgelegte Schrittmuster, die man bloß auswendig zu lernen und dann genauso „abzuspulen“ braucht, noch geheime Codes, mit denen der Führende seine Absichten bloß andeutet. Führung geschieht im Tango Argentino immer ganz konkret. Da die vielfältigen Tanzelemente beliebig und immer wieder neu und unvorhersehbar miteinander kombiniert werden können, besteht die reizvolle Herausforderung für die Folgenden darin, dieser Führung unmittelbar und im Augenblick, in dem der Impuls des Führenden über den Körper wahrgenommen wird, zu folgen und dabei weder vorauszueilen noch „hinterherzuhinken“.

Wenn man aber einmal das allererste Anfängerstadium hinter sich gelassen hat, beginnt man zu bemerken, dass letztlich beide Tanzpartner Folgende sind und von der Musik geführt werden. Beide hören und fühlen die Musik, interpretieren sie im selben Augenblick und lassen sich so innerhalb ihrer Rollen ( ! ) von ihr führen. Insofern prägen Dialog, Innigkeit, Geistesgegenwärtigkeit und Improvisation den Tango Argentino in besonderem Maße und nicht zuletzt hierin unterscheidet er sich von vielen Standardtänzen und eben auch vom Standardtango. (lr)

"Der Tango ohne Umarmung" - erstellt von der Berliner Tangoszene während des Corona-Lockdowns!

video "Die Tangospelunken von Buenos Aires" -  360° - GEO Reportage!

video https://you-tango.com/tangotanz - ausführliche, gute Infos zum Tango als Tanz!

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